|
Steinschlag
http://kultur.orf.at/orfon/kultur/010219-5027/5030txt_story.html
Margarethe Affenzeller in DER STANDARD, 21.
Februar 2001:
Sich einmal zügig durchs
Gebirge reden
Balàkas "Steinschlag" im Schauspielhaus
Wien
- Selten dankt ein Veranstaltungsort seinem zur Beherbergung überantworteten Stück
so zeitgerecht wie das Schaufenster des Schauspielhauses.
Seit seiner Nützung als seitliche Sprechtheaterbühne
des nunmehrigen Musiktheaterhauses musste es einiges
an Schimpf in seinem längs der Straßenseite
eingepassten Bühnenkasten widerhallend verspüren.
Der zweiwöchige Uraufführungsreigen langte
jetzt bei Bettina Balàkas Dialogstück
Steinschlag an: Zwei Frauen sitzen einander nach
dem Begräbnis des beiderseits gekannten Mannes
im Eisenbahnabteil gegenüber. Und im Gegenzug
fährt ein Wagen der Straßenbahnlinie
D vorbei.
Eine historisch-kritische Regionalausgabe eines
muffigen, orange-braunen ÖBB-Doppelsitzers
wurde in beklemmender Fallhöhe an einem Mittelfenster
des Raumes turnsicher angeschraubt. Hemma Clemente
und Julia Köhler sprechen darauf in stilisierten
Posen aus ihrem eigenen, unterschiedlich demolierten
Leben: indem sie immer wieder den eben zu Grabe
getragenen Welzeck (ein Mann, der zu viel las und
trank) erinnern und Elfriede Jelineks "Gier" lesen.
Ein von Regisseurin Corinne Eckenstein passend
gewähltes Zitat für die an unerfüllter
Erklärungssucht Verzweifelnden.
Der schnelle, uneitle Text der Salzburgerin Balàka
muss in der Tat Vergleiche mit Jelinek nicht scheuen:
Aus populären Inhaltsfeldern schält sie
gekonnt präzise Wahnbilder. So ist eine Pferdegeschichte,
wie sie für gewöhnlich unter Mädchen
ausgetauscht wird, bei Balàka eine unfreiwillig
fatale Beschreibung eigener Neurosen.
Eine in erster
Linie sprachbezogene Aufblätterung,
in der Eckenstein gut daran tat, ihren Mut zur
Einfallslosigkeit gewinnbringend einzulösen:
Gedanken in das unverstandene Gegenüber hineingesagt,
in die steinige Gebirgslandschaft, die nicht endet.
Zugfahren ist leider fad, Landschaft sowieso. Dieses
Theater war es nicht.